Leitbild der Martinigemeinde St. Andreasberg

Leitbild der Ev.-luth. KirchengemeindeSankt Andreasberg
Wer sind wir?

Die Martinigemeinde ist die Ev.-luth. Kirchen­gemeinde in der Bergstadt Sankt Andreasberg im Oberharz. Ihr gehören derzeit 1000 Men­schen an. Bedingt durch den Strukturwandel im Oberharz sind zwei Drittel ihrer Mitglieder über 50 Jahre alt.

Sie versteht sich als Begegnungsort auf meh­reren Ebenen: Im Leben der Kirchengemeinde treffen Tradition und das Interesse an neuen Möglichkeiten aufeinander, hier begegnen sich junge und alte Menschen, sie versteht sich in ihrer Arbeit – insbesondere mit ihrer Kinderta­gesstätte – als partnerschaftlicher Akteur im Gemeinwesen und arbeitet mit der politischen Gemeinde, der katholischen Kirchengemeinde, der Nationalparkverwaltung und den örtlichen Gemeinden zusammen.

Kennzeichen der Kirchengemeinde sind zum einen ein hohes Engagement ihrer ehrenamt­lich aktiven Mitglieder und zum anderen fami­liäre Strukturen, die Menschen Heimat bieten. Dies geschieht im Miteinanderleben, im ge­meinsamen Essen und Feiern.

Wo kommen wir her?

Die Geschichte unserer Kirchengemeinde ist besonders durch ihren Standort in einer Berg­stadt geprägt. Die Bergbautradition spielt noch heute im Leben unserer Gemeinde eine große Rolle. Die Kirche hat besonders in den Zeiten des Wandels, in Notzeiten und bei Ka­tastrophen eine wichtige Bedeutung gehabt. Auch der Wandel der Infrastruktur, der bereits vor 150 Jahren einsetzte, das beständige Ab­nehmen der Bevölkerung haben Spuren im Ortsbild hinterlassen. Daraus resultiert die Rolle der Kirche als ein Ort an dem Tradition gepflegt wird und Wertbeständigkeit erfahren werden kann, insbesondere in Kooperation mit verschiedenen Vereinen. Dabei wird insbeson­dere zwischen den Generationen ein Miteinan­der erlebt, das auf gegenseitiger Wertschät­zung basiert.

Was ist unsere Aufgabe, unsere Mission

In Jesus Christus hat Gott seine Liebe zu allen Menschen und zu seiner gesamten Schöpfung gezeigt. Unsere Aufgabe ist es, den Menschen in Sankt Andreasberg diese Frohe Botschaft nahezubringen, d.h.

· Indem wir vom Leben, Sterben und Auferstehen des Juden Jesus von Na­zareth und der Verwurzelung seiner Ge­schichte in der Geschichte des Volkes Israels zu erzählen,

· indem wir miteinander Gottesdienst fei­ern, d.h. auf Gottes Wort hören, mitei­nander beten, taufen und Abendmahl feiern,

· indem wir eine sowohl offene als auch verbindliche Gemeinschaft leben und anbieten, unterschiedliche Menschen zusammenführen und ihnen Raum ge­ben, ihre besonderen Fähigkeiten zu entfalten,

· indem Menschen durch uns konkrete Hilfe, Ermutigung und Beistand erfahren – sowohl in unserer Nähe als auch im Weltkreis,

· indem wir einen Lebensstil versuchen, der das Lebensrecht aller Geschöpfe Gottes ernst nimmt.

In Wahrnehmung dieser Aufgaben versteht sich die Kirchengemeinde Sankt Andreasberg im Sinn Dietrich Bonhoeffers als „Kirche für andere“[1] - „Kirche für andere“ sein bedeutet dabei immer „Kirche mit anderen“ sein.

Wo wollen wir hin?

Von der biblischen Botschaft erzählen: Bereits jetzt nutzen wir unsere Möglichkeiten, Menschen unterschiedlichen Alters mit bibli­schen Erzählungen vertraut zu machen. Das geschieht im Rahmen der Arbeit unserer Kin­dertagesstätte, der Arbeit mit Kindern (insbe­sondere der Kinderferienwoche), in Schüler­gottesdiensten in Kooperation mit der Grund­schule und in der regional verantworteten Konfirmandenarbeit. Wir nutzen die Möglich­keit, Andachten in weltlichen Rahmen zu fei­ern (etwa beim Hoffest, beim Wiesenblüten­fest, beim Schützenfest) und dabei biblische Texte zur Sprache zu bringen.

Wir streben eine noch intensivere Vernetzung sowohl mit der örtlichen Grundschule als mit den ortsansässigen Vereinen an. Wir möchten in Zukunft Mut haben, auch brisante Themen im Licht der biblischen Botschaft ins öffentli­che Gespräch zu bringen. Unser Reden soll sich dabei auf den Alltag der Menschen bezie­hen. Wir möchten die Kontaktflächen zu den Menschen, die in Sankt Andreasberg leben, erweitern.

Gottesdienst feiern: Bereits jetzt bieten wir eine breite Palette unterschiedlicher Gottes­dienste an. Neben traditionellen Gottesdiens­ten gibt es Schülergottesdienste, musikalische Gottesdienste, Familiengottesdienste und ei­nen Frühstücksgottesdienst anlässlich der Ausstellung „Natur Mensch“. In besonderer Weise pflegen wir die in der Tradition des Oberharzes wurzelnden Gottesdienste zum Jo­hannistag und zum Bergdankfest.

Wir streben an, Gottesdienstformen zu entwi­ckeln, zu denen auch der Kirche entfremdete Menschen Zugang finden und möchten unter­schiedliche Menschen in die Gestaltung der Gottesdienste miteinbeziehen.

Gemeinschaft leben: Bereits jetzt bieten wir Raum für unterschiedliche Gruppen und Kreise, die von ehrenamtlichen Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern eigenverantwortlich ge­leitet werden. Besonders herauszuheben sind dabei Angebote, die sich ohne besondere Voraussetzungen an alle Menschen richten, wie ein monatliches Sankt Andreasberger Frühstück und ein Kochtreff, in dem sich Kin­der und alte Menschen begegnen können, so dass wir einmal in der Woche eine altersge­rechte Veranstaltung anbieten können.

Wir streben an, Lebensformen zu entwickeln, in denen Menschen in Sankt Andreasberg ohne Angst alt werden, leben und sterben können „wo sie hingehören“ (Klaus Dörner). Wir suchen nach Formen, durch die wir Zu­gang zu jungen Familien, insbesondere auch armen Familien finden und setzen uns zum Ziel, generationenübergreifende Formen des Zusammenlebens vor Ort zu erarbeiten. Wir möchten Menschen ermutigen, ihre persönli­chen Begabungen zu entdecken und sie in den Dienst des Gemeinwesens zu stellen.[2]

Ermutigung und Beistand geben: Bereits jetzt begleiten wir Menschen in Hausbesuchen und bieten Raum und Möglichkeit für das seel­sorgerliche Gespräch. Mit der Diakoniekasse unterstützen wir Menschen in Notsituationen und bringen uns in Hilfenetzwerke (regionaler Diakoniefonds, Kirchenkreisdiakoniefonds) ein. Mit dem Weltgebetstag und der Unterstützung der Aktion „Brot für die Welt“ nehmen wir auch an der internationalen Bewegung für mehr Gerechtigkeit auf der Welt teil.

Wir streben an, unsere Rolle als hilfreicher Akteur im Gemeinwesen zu profilieren. Dabei wollen wir die weltweite Dimension der Ge­rechtigkeitsfrage nicht aus dem Auge verlieren. Eine besondere Herausforderung sehen wir darin, den Flüchtlingen, die in Sankt An­dreasberg zu Gast sind, bzw. die in Sankt An­dreasberg ein neues Zuhause suchen, gerecht zu werden.

Schöpfung bewahren: Durch die Teilnahme am „Grünen Hahn“ sind wir bereits jetzt dabei, ein Umweltmanagementsystem aufzu-bauen. Als Mitwirkende der jährlichen Ausstellung „Natur-Mensch“ in Zusammen-arbeit mit der Kommune Braunlage und der Nationalparkverwaltung Harz ist die Verbin-dung der Natur mit den Menschen ein Schwer-punktthema unserer Kirchengemeinde. Viele unserer Aktionen mit Kindern haben ebenfalls einen umweltpädagogischen Schwerpunkt.

Wir streben an, im Rahmen des Umweltmana­gementsystems zu kontinuierlichen Verbes­serungen im Bereich der Gebäudebewirt­schaftung (Isolierung, Heizung), der Pflege der Grünanlagen und im Bereich der Mobilität zu kommen. Im Sinne einer nachhaltigen Be­wirtschaftung wollen wir unsere bestehende Gebäudesubstanz erhalten. Auch im Alltag des Gemeindelebens – essen, trinken, reinigen, fahren – möchten wir das Lebensrecht aller Geschöpfe ernst nehmen.

Wie gehen wir auf unserem Weg miteinander und mit den Dingen um?
Was ist uns dabei wichtig?


1.)Wir arbeiten inklusiv und generatio­nengerecht. Wir tragen dafür Sorge, dass sich alle Menschen, die das wollen – unge­achtet ihres Alters und Geschlechtes, ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten, ihrer finanziellen Möglichkeiten – in der Kir­chengemeinde Sankt Andreasberg einbrin­gen können.

2.)Wir beteiligen Betroffene. Wir planen unsere Angebote nicht über die Menschen, die wir erreichen wollen, hinweg, sondern fragen sie nach ihren Wünschen, Fähigkei­ten und Bedürfnissen.

3.) Wir arbeiten ökumenisch und kooperieren im Gemeinwesen. Wir ar­beiten mit Menschen anderer Konfessionen – und wenn es sich ergibt – anderer Religi­onen und Überzeugungen an gemeinsamen Zielen zum Wohle aller zusammen.

4.) Wir wertschätzen ehrenamtliches Engagement. Wir freuen uns über das ehrenamtliche Engagement der Menschen in der Kirchengemeinde Sankt Andreas­berg. Wir sagen „Danke“, sorgen für Fort­bildung und überfordern einander nicht.

5.) Wir bieten einen ansprechenden Raum für Gespräch und Begegnung. Wir sorgen dafür, dass sich Menschen in der Kirchengemeinde Sankt Andreasberg eingeladen und sich wohlfühlen können. Das bedeutet auch, dass wir unsere Ange­bote auf eine geeignete Weise bekannt ma­chen.

6.) Wir arbeiten nachhaltig. Wir gehen mit den natürlichen Ressourcen, dem En­gagement der Mitarbeiter und Mitarbeite­rinnen der Kirchengemeinde Sankt Andre­asberg und den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln der Kirchengemeinde Sankt Andreasberg achtsam um.

[1] Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, München 1977², 415f.

[2] Vgl. Elisabeth O’Connor, Kirche-nicht aus Stein gebaut, Kassel 1969 (Titel des Originals: Journey Inward, Journey Outward), 19: „Das erste ist, daß der Mensch sich selbst begegnet.“ Und 39:“ Doch der Weg nach innen ist nicht alles. Das andere ist der Weg in die Welt.“